TZI beruht auf humanistisch-holistischen Grundsätzen

Originaltext von Ruth C. Cohn

TZI-Axiome sind der Boden, auf dem die TZI-Methodik verstanden werden muss, und die entscheidenden Voraussetzungen für die gruppentherapeutische und -pädagogische Intention der TZI. Ohne diese Axiome kann TZI so »wirksam« sein wie ein in einem Heuschober angezündetes Streichholz.

SYSTEM-IMMANENTE AXIOME

(Voraussetzungen, auf denen TZI beruht.)

Ohne die Anerkennung dieser Grundsätze wird TZI-Methodik zur sich selbst verneinenden Technologie.

Porträt von Ruth C. Cohn
Ruth C. Cohn

 

 1. Der Mensch ist eine psycho-biologische Einheit und ein Teil des Universums. Er ist darum gleicherweise autonom und interdependent. Die Autonomie des einzelnen ist um so größer, je mehr er sich seiner Interdependenz mit allen und allem bewusst wird.

 

Ausführung: Wenn ich mir die reale Situation, einschließlich der Fähigkeiten und Abhängigkeiten der Teilnehmer einer Lebens- oder Arbeitsgruppe bewusst mache, habe ich mehr Möglichkeiten, mich und meine Werte realistisch zu vertreten, als wenn ich unbekümmert um das situative Feld und die Charaktere und Beziehungen von Menschen untereinander draufloshandle. Ich bin um so autonomer, je mehr ich die Welt bewußt in mich einlasse.

Es geht in diesem anthropologischen Axiom um personale und soziale Identität und Kompetenz, die sich jedoch nicht im Personalen und Sozialen erschöpft, sondern beide geistig und existentiell transzendiert.

 

2. Ehrfurcht gebührt allem Lebendigen und seinem Wachstum. Respekt vor dem Wachstum bedingt bewertende Entscheidungen. Das Humane ist wertvoll, Inhumanes ist wertbedrohend.

 

Ausführung: Human sein bedeutet zum Beispiel, keine Lebewesen zu quälen und nie mehr von ihnen zu töten, als zur Lebenserhaltung und -förderung (speziell der Menschen) nötig ist; wobei der Begriff des Tötens auch das Abtöten von seelischen und geistigen Fähigkeiten einbezieht.

Es handelt sich hier um ein ethisches Axiom, wobei dieses Axiom rein ethisch oder auch religiös aufgefasst werden kann. Da der Mensch nichts über absolute Seinsweisen wissen kann, ist der Wertkompass nur im Hinblick auf den Bereich des menschlich Unabdingbaren zu verstehen.

 

3. Freie Entscheidung geschieht innerhalb bedingender innerer und äußerer Grenzen; Erweiterung dieser Grenzen ist möglich.

 

Ausführung: Freiheit im Entscheiden ist größer, wenn wir gesund, intelligent, materiell gesichert und geistig gereift sind, als wenn wir krank, beschränkt oder arm sind oder unter Gewalt und mangelnder Reife leiden.

Dieses pragmatisch-politische Axiom weist auf die Verzahnung des Innen und Außen hin. In diesem Sinn sind die drei Axiome untrennbar miteinander verbunden.

Aus der Klärung grundlegender existentieller Phänomene und Axiome ergeben sich die existentiellen Postulate der TZI. Sie sind nicht auswechselbare Spielregeln. Ihre Forderungen sprechen aus, wie die Axiome im persönlichen Leben und im Gruppenleben zum Ausdruck kommen sollen.

Aus: Ruth C. Cohn / Alfred Farau: Gelebte Geschichte der Psychotherapie. Klett-Cotta, 1984